Banner mit Symbolen für Link, Kopfhörer, und lachendem Gesicht (Smiley)

Rhetorische Kriegsführung

Ein Hör- und Lesetipp mit sprachlichen Prognosen für das Wahljahr 2019:

Mit dabei Udo Stiehl von Floskelwolke (bei Prognose 2):

«Prognose 2: Die Sprache der Abgeordneten wird noch mehr von knackigen Kurzaussagen geprägt sein, die sich gut für Schlagzeilen und Twitternachrichten eignen.

Allerdings darf bezweifelt werden, ob Vereinfachungen den Diskurs wirklich nach vorne bringen, meint der Kölner Journalist Udo Stiehl. Leider. Auf seiner Seite Floskelwolke.de analysiert er den Sprachgebrauch der Volksvertreter:» (deutschlandfunkkultur.de)

Stimmt so nicht, denn floskelwolke.de ist eine Baustelle:

screenshot von der Internetseite floskelwolke.de mit dem Texte - Bauarbeiten... Bitte haben Sie noch etwas Geduld!
Screenshot der Internetseite floskelwolke.de am 09.01.2019

Da hat wohl jemand nicht nachgeguckt, auf floskelwolke.de…

Der Floskelwolke-Tweet funktioniert hingegen super und ist unterhaltsam:

Udo Stiehl von Floskelwolke sieht im  Beitrag das Political Framing (Deutungsrahmen) als prägendes Element der politischen Sprache für das Jahr 2019.

Nicht so schön finde ich jedoch den Deutungsrahmen, den das Feature auf Deutschlandfunk Kultur setzt: Verbalschlachten, rhetorische Kriegsführung und als Abschluss:

«Wir freuen uns, dass es nach Jahren der politischen Phrasendrescherei mal endlich wieder so richtig zur Sache geht: Politik ist Kampfsport – hat Helmut Schmidt gesagt.» (deutschlandfunkkultur.de)

Politik als Kampfsport?

Ich hoffe nicht…

Apropos:

Deutungsrahmen (Political Framing)

Dass das Political Framing immer bekannter wird, ist eine gute Sache.

Durch einen Google-(un)Zufall bin ich bei einem leider immer noch sehr aktuellen Artikel auf politik-kommunikation.de zu dem Thema aus dem Jahr 2017 gelandet.

Daraus der Teaser:

«Bei politischem Framing aktiviert eine bestimmte Wortwahl Assoziationen, Gefühle überlagern das rationale Denken. Welcher Partei gelingt es im Wahlkampf am besten, Bilder in den Köpfen der Wähler hervorzurufen? Neurolinguistin Elisabeth Wehling hat für p&k Zitate von Politikern analysiert.» (politik-kommunikation.de)

Banner mit Symbolen: zwei freundliche Alien-Gesichter und ein Plant

‹Fremdenfeindlichkeit› und ‹ausländisch aussehende Menschen›

Ich höre sehr gerne Deutschlandfunk Nova (DLF-Nova). Und wenn sich vielleicht auch was in Sachen generisches Maskulinum tut, dann sogar noch lieber.

Aber: manchmal haben die schon heftige Aussetzer.

In den 17 Uhr Nachrichten letzten Freitag (16.11.2018) berichtete die Nachrichten-Redaktion über den Besuch von Angela Merkel in Chemnitz.

In dem Zusammenhang werden die Vorgänge im Sommer, bei denen Menschen von anderen Menschen angegriffen und gejagt wurden, als ‹fremdenfeindliche Ausschreitungen› gegen ‹ausländisch aussehende Menschen› beschrieben. Wobei alle Menschen mutmaßlich aus Chemnitz waren, also alle Chemnitzer*innen.

Ausländerhass, Fremdenfeindlichkeit

sind als Synonyme für ||Rassismus und rassistische Tatmotive ungenau, da es selten um tatsächliche Fremde wie etwa Tourist*innen geht. Von der vermeintlichen »Ausländerfeindlichkeit« sind oft deutsche Staatsangehörige betroffen. Werden Ausländerhass oder Fremdenfeindlichkeit als Motive genannt, gibt das die Perspektive der Täter*innen wieder. Präziser ist es, die Motive, Straftaten oder Gesinnungen als rassistisch, rassistisch motiviert, rechtsextrem oder neonazistisch zu bezeichnen.

Das ist der Glossar-Eintrag bei den Neuen Deutschen Medienmachenden (Medienmacher) zu dem Begriff ‹Fremdenfeindlichkeit›:

Der unkritisch übernommene Deutungsrahmen (Frame) ‹Fremdenfeindlichkeit› durch DLF-Nova ist die rassistisch motivierte Perspektive der Straftatbegehenden; also der Täterinnen und Täter.

Innerhalb dieses Deutungsrahmens gibt es Fremde (nicht von hier) und Nicht-Fremde (von hier) und die dazu passende Feindlichkeit und Freundschaft.

Korrekter und inklusiver wäre z.B. gewesen, von Menschen, Menschen in Chemnitz, oder Bürger*innen zu reden; anstatt von Fremden und ausländisch Aussehenden.

Korrekter, weil es sachlich falsch ist, einige chemnitzsche Bürger*innen als fremd zu bezeichnen.

Inklusiver, weil z.B. das Wort ‹Menschen› (ohne die Einschränkung durch in- und ausländisch) verschiedene Personen zu einer Gruppe (Menschen von hier) macht.

Aber nein, Deutschlandfunk Nova übernimmt den rechten Deutungsrahmen und repräsentiert manche Chemnitzer Menschen als Fremde in Chemnitz.

Doch da hört der rechte Frame noch nicht auf. Um den Deutungsrahmen vollends visuell zu füllen, gibt es noch einen obendrauf:

Ausländisch aussehende Menschen waren die Opfer. (DLF Nova)

Wie sieht ein ‹ausländisch aussehender Mensch› aus?

Der Test der negativen Differenzierung:

Nicht-ausländisch aussehende Menschen waren nicht Opfer.

Wie sieht so jemand aus?

War das Aussehen, der von rassistischer Gewalt betroffenen Menschen, von Bedeutung? Wenn ja, für wen? Für wen ist das Relevant-Setzen des personenbezogenen Merkmals der äußeren Erscheinung von Menschen überhaupt wichtig?

Der Deutungsrahmen mit der Verbindung von Aussehen und Ausländisch-Sein und Aussehen und Inländisch-Sein ist schon ein starkes Stück.

Es ist das Ziel rechter Diskurse, dass sich solche Deutungsrahmen in unseren Köpfen festsetzen, um zu trennen, zu fixieren und dann zu…

Als Linktipp für die Nachrichten-Redaktion von Deutschlandfunk Nova:

ps: mein eBook, ‹…denn sie wisssen nicht, was sie sagen…› gibt es auch noch .-)